Die verborgene Seite des Mondes by Antje Babendererde

Die verborgene Seite des Mondes by Antje Babendererde

Autor:Antje Babendererde [Babendererde, Antje]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783401800271
Herausgeber: Arena Verlag, Würzburg
veröffentlicht: 2013-04-30T22:00:00+00:00


15.

Julia stand immer noch unter Schock und die schlechte Stimmung im Haus schlug ihr zusätzlich auf den Magen. Noch am Morgen hatte sie sich Gedanken darüber gemacht, wie sie Ada das Malheur mit der abgebrochenen Fensterkurbel beibringen sollte. Und nun stand der geliebte Kombi ihrer Granny als schwarzes Wrack auf dem Schrottplatz.

Julia legte sich auf ihr Bett im Trailer und hörte Musik über ihren MP3-Player. Ville Valo sang Join me, aber in Gedanken war sie nicht bei dem finnischen Sänger, sondern bei Simon.

Bestimmt fühlte er sich furchtbar schuldig.

Es war unfair, wie Ada Simon behandelte. Er mühte sich so sehr, ihrer Großmutter alles recht zu machen. Obwohl er erst siebzehn war, trug er einen riesigen Berg Verantwortung und beklagte sich nie.

Julias tägliche Pflichten zu Hause bestanden darin, das Geschirr aus der Spülmaschine zu holen, den Mülleimer rauszutragen, einzukaufen und ab und zu ihr Zimmer zu putzen. Wie verschieden ihr Leben von Simons Leben war. Abgesehen von seinem Bedürfnis nach Einsamkeit, schien er keine Wünsche zu haben. Sie fragte sich, was er sich für sein Leben vorstellte. Der Job auf der Ranch konnte unmöglich die Erfüllung seiner Träume sein.

Als Ville Valo zwischen zwei Liedern schwieg, hörte Julia, dass jemand an die Tür des Trailers klopfte und ihren Namen rief. Sie zog die Kopfhörer heraus und sprang aus dem Bett.

»Julia!« Lautes Klopfen. »Ich bin’s. M-ach auf!«

Erschrocken griff sie nach der Stabtaschenlampe, lief zur Tür und löste den Draht. Simon musterte Julias mit Smileys bedrucktes Nachthemd, dann schob er sie sanft, aber bestimmt nach drinnen.

»Was ist denn los?«, fragte sie. »Ist schon wieder was passiert?«

»Jason ist auf der Ranch.«

Sie hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Na und? Seine Großeltern leben hier.«

»Ich m-ach mir Sorgen, dass er etwas im Schilde führt. Es wäre mir lieber, du schläfst im Ranchhaus.«

Nun fing Simon auch noch damit an! Julia dachte an den Geruch von Zigarettenqualm im Haus, die Ausdünstungen von Tommys Windeln, sein nächtliches Toben und Schreien. »Ich kann da nicht schlafen.«

Simon schien einen Moment nachzudenken. »Dann bleibe ich eben hier.«

»Hier?«

Er schaute gekränkt. »Ich schlafe auch vor deiner Tür, wenn du mir nicht vertraust.«

Das klang nicht so, als ob er noch irgendwie davon abzubringen war. Trotzdem sagte Julia: »Ich glaube kaum, dass das nötig ist. Ja-son kann zwar meine Mutter nicht leiden, aber mit mir hat er keine Probleme.«

»Darum g-g-geht es doch gar nicht.«

»Worum dann?« Julia sah Simon fragend an. Er hatte Schatten unter den Augen und es gab etwas, das ihn ernsthaft zu bedrücken schien.

»Du kennst Jason überhaupt nicht.«

Wieder musterte sie ihn aufmerksam. »Du weißt etwas über meinen Bruder, nicht wahr? Was ist es, Simon?«

»Na ja. Er versorgt eine Menge L-eute im Ort mit Drogen.«

»Jason?«

»Hast du hier n-och mehr Brüder?« Simon verdrehte die Augen und seufzte. »Crack, Crystal-Meth, Dope, alles, was das Herz begehrt. Er verdient g-g-ganz gut daran.«

»Weiß meine Großmutter davon?«

Simon nickte. »Sie kriegt alles mit. Auch wenn sie sich das nicht anmerken lässt.«

»Wenn sie es weiß, warum unternimmt sie dann nichts?«

»Keine Ahnung. Frag sie selbst.«

Julia rieb sich die Arme, nicht weil ihr kalt war, sondern vor Verlegenheit.



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